Freitag, 24. Juni 2011

juniweg

kirschgelee mit poetischem beistand


mehr als fünf liter kirschsaft warten auf weiterverarbeitung; und während ich rühre, aufkoche, weiterrühre, in gläser abfülle und dabei natürlich größte sorgfalt walten lasse (kein einziger spritzer auf meinem gartenhemd!), schreibe ich einem freund, um ein bißchen zu jammern: oh! soviel kirschgelee! wer soll das essen... und bitte um wenigstens poetischen beistand. dieser wird mir, wenn auch grummelnd, gewährt und kommt per mail und als gedicht:

Das Kirschgelee-Gedicht

Nimm reichlich Saft und freundliches Pektin,
schau, dass der Mischung es auch nicht an Säure fehlt,
füg Zucker zu und stell die Gläser hin,
die du zuvor, von Kirschenduft beseelt

mit Wasser ausgekocht und abgetrocknet hast.
Nun lass es sieden und schöpf ab den Schaum,
rühr diesen Sirup für Minuten ohne Rast,
und halt dabei die Ungeduld im Zaum.

Denn eher nicht sollst du die Gläser füllen,
als wenn beim Kochen der Moment gekommen ist,
da durch des Zuckers unbedingten Willen
der Saft den Aggregatzustand vergisst

und sich zu etwas festem wandelt.
Du prüfst es, wenn vom Löffel du die Tropfen fallen lässt
und sie dann Fäden ziehen. Ja, dann handelt
es endlich um Gelee sich. Und der Rest

ist schnell erzählt. Du gießt die Brühe
mit Eifer in die Gläser, schraubst sie zu,
stellst sie auf ihren Deckel. Nicht zu frühe
kehrst du die Gläser um. Lass sie in Ruh.

Was gibt es Schöneres an kalten Tagen
als dieses zarte Zeug auf weißem Brot?
Der Herbst, der Winter lassen sich ertragen
mit der Essenz der Kirsche, leuchtend rot.



ps: wer schöpft denn schaum ab? ich nicht. der schaum ist doch so hübsch!

was hinten rauskommt

ja, igel fressen kirschen. nein, dafür müssen sie nicht in bäume klettern; sie fressen, was abfällt. und ja, igel fressen die kirschen im stück. und dann haben sie igeldurchfall mit eingebetteten kirschkernen, und den kacken sie uns direkt vor die gartenhaustür. so schön.

Donnerstag, 23. Juni 2011

der erste hund


da sitzt es, das tier, als hätte es immer schon dort gesessen, als hätte es immer schon so über seine latifundien geblickt und gedacht: meins! ganz im ernst, alles ganz meins!

freunde machen ja sowas: bringen einen hund mit, der noch nicht einmal ihnen gehört, und fragen auch vorher nicht, ob sie hund mitbringen dürfen. sie fragen nicht, weil sie wissen, daß hund wohlerzogen und anspruchslos ist, nicht stinkt oder sabbert, nicht in den garten kackt, keine stauden plattwalzt, nicht buddelt am kompost und sich von den bienen fernhält. sammelt stattdessen gefallene äpfel auf. und weil sie wissen, daß wir keine angst vor hunden haben, auch wenn sie unter irgendeine kampfhundeverordnung fallen. ha! die größte gefahr, die von diesem hund (es ist eine hündin!) ausgeht, ist, ihrer niedlichkeit zu erliegen. guck mal:

liegt und schnarcht sanft auf dem fußabtreter, dem einzigen fleck im ganzen gartenhaus, wo man dem estrichziegelbelag entgehen kann. der erste hund bei uns und so ein schätzchen!

die königin ist tot, es lebe die königin!

der imker kommt; unangemeldet, wie es sein recht und ausgemacht ist: er bringe die neue königin. moment, sag ich, wir haben eine königin! nicht mehr, sagt er. wir sind schockiert: was ist geschehen? der imker zuckt mit den schultern: naja, auch königinnen werden mal gefressen. gefressen? ja, von vögeln, während des begattungsfluges. kommt schon mal vor.

das soll sich einer mal vorstellen: während des begattungs-
ich muß mich einen moment sammeln!

kommt vor, sagt der imker, und darum gäbe es jetzt eine neue, von ihm selbst gezüchtete. ich sammele mich wieder einen moment. ob wir zugucken wollen? was für eine frage! hier die anleitung zum nachmachen:

so sieht eine bienenkiste aus, wenn der zinkblechdeckel und die schutzfolie entfernt sind. man sieht die einzelnen rahmen, die in die kiste eingehangen sind. bienen sind nicht zu sehen, die wurden nämlich mit etwas rauch in die unteren gefilde vertrieben. der rauch hat übrigens folgenden effekt: die bienen denken, es brennt. gegen feuer sind sie machtlos, also wollen sie fliehen. bevor bienen aber fliehen, pumpen sie sich mit honig voll, um vorrat für die flucht und neuansiedlung ihres volkes zu haben. und genau damit sind sie jetzt gerade beschäftigt: vollpumpen. geflohen werden muß dann nicht, weil dafür dann doch zuwenig rauch in den stock geblasen wird.

und so sieht ein rahmen aus, und zwar ein halbleerer rahmen eines königinnenlosen volkes: wozu waben bauen, wenn keine da ist, die eier hineinlegen kann? es ist zum heulen. es ist zehn nach acht.

das ist ein brutrahmen, den hat der imker mitgebracht. das kleine kistchen ist auf beiden seiten mit glasplatten abgedeckt, darunter krabbeln die bienen immer um die königin herum. die königin ist gut zu sehen (naja, nicht auf diesem foto), sie ist etwas größer und mit einer kleinen nummer auf dem rücken markiert. in diesem fall königin nummer zehn. zehn von fünfzehn königinnen, die der imker in solchen brutrahmen gezüchtet hat. sein finger zeigt gerade auf die königin, die während dessen in aller ruhe mit dem hinterleib in einer wabe steckt und "stiftet", vulgo: sie legt ein ei. den begattungsflug hat sie also hinter sich, ist dabei nicht gefressen worden und wird jetzt unserem bienenvolk zugeführt.

dafür entfernt der imker eine der glasplatten vorsichtig vom brutrahmen. um den hofstaat und die königin am wegfliegen zu hindern, spritzt er ihnen etwas wasser aus einer sprühflasche auf die körper, so verkleben ihre flügel kurzzeitig und sie bleiben auf dem rahmen sitzen. während die einen also vollgeräuchert werden, bekommen die anderen wasser auf den pelz - sie alle tragen es mit fassung und ohne aggression.

hier sieht man die nassen bienen etwas näher. das ganze wird jetzt in eine lage zeitungspapier gewickelt, in welches der imker mit einem messer einige kleine schlitze geschnitten hat. durch diese leicht gelöcherte lage papier getrennt, sollen sich jetzt die neue königin mit ihrem hofstaat und das königinnenlose bienenvolk langsam aneinander gewöhnen. die neue königin und ihre begleitung riechen nämlich ganz fremd und treffen für das volk sehr überraschend im bienenstock ein: der imker als gott, der ihnen - schwupp - ein neues staatsoberhaupt verpaßt. durch das papier getrennt, durch dessen schlitze sich die bienen langsam durchkauen, können sich beide nunmehr schritt für schritt annähern. die zeitung übernimmt also diplomatische dienste.

den in papier gewickelten brutrahmen vorsichtig in die lücke einführen, die durch die entnahme zweier völlig leerer rahmen entstanden ist. dann wieder folie und deckel drauf und hoffen, daß das volk die neue königin akzeptiert. zwanzig uhr neunundzwanzig - regentschaftswechsel abgeschlossen. habemus regina!

mit dampf zum saft

die kirschen sind reif - und wir sind im garten! also gibt es heute den premiereneinsatz meines neuen dampfentsafters; das ziel: kirschsaftgewinnung zur geleeherstellung.

pflücken! es gibt tatsächlich wohl nicht so viele dinge, die mich so glücklich machen wie kirschenpflücken. noch dazu, weil sehr viele kirschen so tief am baum hängen, daß ich sie mühelos erreichen kann.

die höher hängenden früchte pflückt der gartenherr auf der leiter und hat dabei den blick durch den kirschvorhang in den garten. ja, der rasen ist schon gemäht worden heute!

waschen. in der anleitung vom dampfentsafter steht übrigens "schnell waschen". hab ich gemacht...

dampfentsafter auf die betonbank stellen, füllen, stecker rein, 70er-jahre-kurzzeitwecker auf 45 minuten stellen. sie haben keinen kurzzeitwecker in brüllorange aus den 70er jahren des letzten jahrhunderts? dann können sie nicht dampfentsaften.

nach ablauf der zeit nun auch den saft ablaufen lassen. noch eine runde ordentlich in den kirschen herummatschen - da ist doch noch saft drin! zweimal haben wir den entsafteraufsatz vorschriftsmäßig maximal dreiviertelvoll gefüllt. fünfeinhalb liter saft sind die ausbeute. dampfentsafter-premiere sehr gelungen; geleekochen dann morgen.

ps: ich wäre übrigens sehr dankbar für einen rat, wo man saftflaschen mit twist-off-verschlüssen günstig käuflich erwerben kann. demnächst steht die kornapfelernte an...

Mittwoch, 22. Juni 2011

ankunft im zeichen der sturmkirsche

dramatischer kann eine ankunft im garten nicht sein: wir gerieten etwa drei kilometer vor unserem ziel in einen gewittersturm, der uns anzuhalten zwang, weil die sicht auf null ging. der kluge fahrer bog noch in einen feldweg ein, aber dort oben auf der hügelkuppe hatte ich einen moment lang angst, die böen würden das auto umstoßen. zum glück waren wir dort aber weit entfernt von bäumen, denn nach zehnminütiger zwangspause sahen wir - trotz anhaltenden regens - dicke äste, zum teil ganze kronenstücke auf den straßen liegen, die wir aber immer umkurven konnten. dann, kurz nach einfahrt in unser gartengebiet und noch 300 meter vom garten entfernt, war schluß:

eine alte kirsche war über den weg gefallen. also parkten wir das auto dort und krabbelten mit schirmen und unseren taschen darunter hindurch; auf den letzten metern hatte ich visionen von einem umgestürzten und auf dem haus liegenden pflaumenbaum, einer gestürzten thujawand, einem abgedeckten dach... uns entgegen kam schon ein älterer herr in friesennerz und mit laufender motorsäge, der noch nicht einmal das ende des regens abwarten wollte, um das baumhindernis vom weg zu räumen: ein mann, eine tat!

in unserem garten war nichts beschädigt worden, nur ein paar kleinere ahornäste hatte es auf unser grundstück geweht, die stauden lagen plattgedrückt, aber nicht zerstört am boden. später erfuhren wir von den nachbarn, die aufgeregt auf dem weg zusammenstanden, daß wohl eine kleine windhose durch das gebiet gegangen war. und der mann, auf dessen grundstück die alte kirsche gefallen war, hatte nicht nur selbst einige alte obstbäume eingebüßt, sondern wäre beinahe zur kundschaft für unseren bestatter-nachbarn geworden: er saß während des sturms in seiner laube, als eine alte fichte um- und auf ihn drauffiel. nur einer der dachbalken der laube hat gehalten und ihm damit sein leben gerettet.

merke: fichten gehören als flachwurzler nicht in gartengebiete mit kleinen gärten und lauben. merke zweitens: nicht am dachstuhl sparen! merke drittens: unser garten scheint ein schützenswerter ort zu sein, über den die sommergeister ihre hände gehalten haben. und merke viertens: sobald der sturm vorbei ist, fliegen bienen wieder, auch im regen.

Freitag, 10. Juni 2011

leben und leben lassen

meine pflaumenerntefreundin hat einmal gesagt, dieser garten, dieser ort sei ein geschichtensammler und -bewahrer. und das erzählte ich gestern abend dem journalistenfreund, als wir auf der terrasse saßen und den ihm versprochenen wein tranken, und er sagte: ja!

auf geheimnisvolle weise sind begegnungen mit anderen menschen, aber auch das alleinsein hier im garten mit anderer bedeutung ausgestattet; es ist, als würde sich hier etwas anderes zeigen, weil es sich zeigen darf. ich denke schon eine ganze weile darüber nach, warum das so ist, was das geheimnis ausmacht. und vielleicht läßt es sich an dieser weißen glockenblume beschreiben:

campanula persicifloria samt sich ganz von allein aus, hat man sie einmal im garten, hat man sie immer. es sei denn, man denkt beim unkrautrupfen zuwenig nach und handelt nach der maxime: kenne ich nicht, wird entfernt. es ist allerdings schon hohe botanische schule, sämlinge zu erkennen, zu wissen, wen man da vor sich hat. hier, in dieser ecke neben der sitzgrotte grübelte ich im letzten jahr über dem kleinen horst von schmalen, dunkelgrünen blättern und kam zu keinem ergebnis, was das sein könnte. obwohl ich diese art glockenblume an anderen stellen im garten habe, hatte ich ein brett vor der erkenntnis. aber ich entschied mich, zu lassen.

wer gärtnert, kümmert sich. er pflanzt, beschneidet, bindet hoch, lenkt, stützt, rupft heraus, kompostiert. und - er läßt. wer nicht läßt, gärtnert nicht, ganz einfach. dieses seinlassen ist aber das schwerste überhaupt, weil es immer mit einem risiko verbunden ist. lasse ich die maiglöckchen tun, was sie möchten, dann habe ich in zwei jahren nur noch maiglöckchen im garten. sie sind auf meinem boden so dominant, daß alles andere von ihnen umschlungen und erstickt wird. pfirsichblättrige glockenblumen sind ganz andere geschöpfe: sie ordnen sich ein, sie stören mit ihren schmalen blättern keine andere pflanze bei ihrer entfaltung, sie kommen mit geringstem platz aus und haben das talent, sich aus bescheidener haltung heraus zu großer schönheit aufzuschwingen.

ich entscheide, und mein garten entscheidet auch. und das betrifft nicht nur die pflanzen, sondern auch die tiere. wir bauten diese betonbank an den terrassenrand und entschieden, keine geschlossenen schlußsteine zu setzen, sondern das ganze als tunnel zu lassen. jetzt laufen die igel dort hindurch, und im winter, wenn schnee liegt, sehen wir katzenpfotenabdrücke an beiden enden der bank/des tunnels.

mir scheint, daß dieser umgang mit unserem garten sich nicht nur uns, sondern auch unseren besuchern mitteilt. wobei mein vater eher mit stirnrunzeln über den weg geht, auf dem ich einen ausgesamten ziersalbei blühen lasse zwischen den wegplatten, während der journalistenfreund sich selbst nachts darum bemüht, nicht auf die pflanze zu treten, wenn ich ihn aus dem haus rufe, um ihm den polarstern zu zeigen...

besser kann ich es nicht erklären. naja, eigentlich möchte ich es auch nicht. es läßt sich ja begreifen, nicht wahr?

Mittwoch, 8. Juni 2011

unscharfer buntspecht


ein buntspecht robbt den apfelbaum hoch und runter; und ich glaube, er frißt ameisen. der baum steht direkt vor dem küchenfenster, aber wenn ich das jetzt öffne, ist der buntspecht weg. also gibt es nur ein wenig gutes foto durch die fensterscheibe.

regen, und genug davon

ich sitze kaffeetrinkend im gartenhaus und sehe durch die geöffnete tür hindurch dem regen zu: wie rauchschwaden zieht er vor dem auf der anderen seite des flusses aufsteigenden waldhang vorbei, fast rhythmisch.

zwei stunden waren heute regenfrei; genug zeit, um verblühtes von pfingstrosen und bergflockenblumen abzuschneiden, eine quer über dem weg liegende katzenminze unter hummelprotest hochzubinden und nebenbei etwas unkraut zu ziehen. an rasenmähen war nicht zu denken, da alles vom regen gestern und heute morgen noch naß war; das muß dann bis morgen warten.

heute in dem kleinen tegut-markt, wo ich, wenn wir hier sind, immer am liebsten einkaufe, wünschte mir der kassierer einen schönen nachmittag trotz des wetters. ich muß wohl etwas komisch geguckt haben, weil er sich schnell verbesserte: oder fände ich das wetter gar nicht schlecht, weil ich -

gärtnerin bin, sagte ich, richtig! das ist richtig gutes wetter, schönen tag!

juniblick