Sonntag, 24. Mai 2009

geranium macrorrhizum 'krankenhaus'


18.5.2008

heute

der storchschnabel, den ich vor einem jahr oben am verlassenen krankenhaus ausgegraben und in unserem garten gleich rechts neben der pforte gepflanzt habe, hat nicht nur die ganze ihm zugedachte fläche zugewachsen, er blüht nun auch prächtig.

für mich ist das eine wiedergutmachung; habe ich doch mit ungefähr drei jahren in diesem krankenhaus meine entzündeten mandeln verloren und mich in der knappen woche, die ich dort bleiben mußte, ganz schrecklich einsam gefühlt. besonders nachts, wenn ich in meinem gitterbettchen plötzlich wach wurde, umstanden von vielen anderen gitterbettchen mit anderen kindern darin. und ganz allein. nur etwas licht schien vom flur durch das fenster in der tür in das große kindergitterbettchenzimmer...

maisommergartentag


7.22 uhr, der blick aus dem fenster. das amselgebrüll und die sonne haben mich nicht länger schlafen lassen.

mit der kamera und im nachthemd muß ich sofort hinaus in den garten. das beet vor der thujawand hatte ich gestern gleich frisch gemulcht. zum glück hat unser abendliches rasenmähen gleich nach unserer ankunft niemanden gestört. heute herrscht sonntagsruhe!

zeit für den morgentee. ich kann ja auch mit der teetasse in der hand im garten herumlaufen...

vorher werden aber noch alle fenster geöffnet und die betten gelüftet. so gefällt mir unser gartenhaus immer am besten, wenn es an warmen tagen ganz offen stehen kann und der unterschied zwischen drinnen und draußen nur noch drei stufen höhenunterschied beträgt. allerdings sind manche insekten trotzdem immer noch zu dumm, nach dem hineinfliegen auch wieder herauszufinden. der gartenherr muß gleich erst einmal einer hornisse zu hilfe eilen, die schon so erschöpft ist, daß sie dankbar auf den besenstiel klettert, den er ihr hinhält und sie damit nach draußen trägt. ein bißchen respektvoller abstand muß dann doch sein gegenüber diesen friedlichen fliegenden festungen...

im laufe des warmen, schon sehr sommerlichen tages öffnen sich immer mehr pfingstrosen. von dieser hellen, mir unbekannten sorte gibt es allein im unteren gartenbereich bis jetzt vier große büsche. und da sich päonien in unserem garten wir unkraut vermehren, werden es wohl mit der zeit noch ein paar mehr werden.

am mittag ist es so heiß, daß wir beschließen, unser sonnensegel endlich über der terrasse anzubringen. zwei haken im dachkasten und zwei weitere aufhängungen in der alten pflaume und im apfelbaum neben dem haus halten das segel. die übrigbleibende ecke wird mit einem stück seil und einem vom gartenherrn selbst zurechtgesägten hering aus holz in die erde hinter dem kräuterbeet abgespannt. ähm, schwer zu beschreiben, wie ich gerade feststelle...

am abend grillen wir das erste mal in dieser saison. bautischlerfreund und floristenfreundin bringen aber leider nur wenig hunger mit, da sie auf einer konfirmationsfeier vorher schon zum essen von vielen speisen genötigt worden waren. gegrilltes gemüse, das übrigbleibt, läßt sich aber prima mit etwas balsamico-essig für den nächsten tag marinieren. der abend ist warm, wir können lange draußen sitzen und freuen uns schon auf den sommer, wenn wir vierzehn tage urlaub im garten machen wollen und hoffentlich viele solcher abende genießen können.

Mittwoch, 13. Mai 2009

der tapfere ritter aruncus


es war einmal ein tapferer ritter mit dem namen aruncus, der lebte im beet neben dem weg im garten der villa hildegard. von seinen freunden wurde er waldgeißbart genannt, was er zwar ihnen zuliebe akzeptierte, aber nie ganz passend fand, hatte er doch in seinem ganzen leben noch keinen wald gesehen.

es begab sich im jahr 2007, als ritter aruncus im kampf gegen einen kleinen, aber starken bagger und zwei menschliche wesen unterlag: die baggerschaufel griff nach seinem wurzelballen mitten im sommer, als sein helmbusch in schönster blüte stand, und riß ihn weg von seinem vertrauten platz. unsanft in einer wiesenecke des gartens abgestellt, mußte er seine ganze lebenskraft zusammennehmen, um zu überleben. seine stolzen blüten vertrockneten, er verlor viele seiner schönsten blätter. nach einigen tagen - oder waren es wochen? - wurde er an seinen alten platz im beet zurückgeworfen. auch dieses mal griff die baggerschaufel unbarmherzig zu. das war zu viel für ihn und er gab auf. seine lehnsherren bedauerten sein ableben sehr, rührten aber seinen körper nicht an, da sie mit anderen schlachten beschäftigt waren...

der sommer endete, der herbst kam, ein milder winter folgte, und im frühjahr 2008 erwachte der ritter aus seinem todesähnlichen schlaf und zeigte in alter treue mit einzelnen kleinen blättern, daß er am leben war. da seine lehnsherren immer noch zweifelten, steckte er sich mit aller kraft im sommer wieder einige kleine blüten an seinen helmbusch. er lebt, er lebt, rief da der ganze garten, und auch die menschen glaubten wieder an ihn. sie glaubten so sehr an seine kraft und treue, daß sie beschlossen, ihn im herbst 2008, zu einer zeit, als die nächte schon lang und die tage neblig waren, an einen neuen platz im garten zu stellen. heraus aus der prallen sonne des sommers, hinein in eine halbschattige ecke zu könig thuja und prinz cotoneaster.

es war eine freude, die doch auch mit schmerz verbunden war, denn er wurde geteilt, viergeteilt sogar, mit scharfem spatenstich. ein tiefer zweifel an der güte seiner lehnsherren überkam ihn. aber die teile seines körpers wurden mit nur geringem abstand am neuen platz gepflanzt, er bekam gute erde, eine behagliche mulchschicht gegen den kommenden winterfrost, und seine neuen nachbarn sprachen ihm gut zu. in dieser ungewohnten nähe der gehölze verstand er beim grübeln in langen, harten frostnächten endlich, warum seine freunde ihn immer waldgeißbart nannten.

im frühling ließ er sich viel zeit und befragte sein herz sehr gewissenhaft darüber, wann er sich zeigen sollte. ein bißchen genoß er wohl auch die ungewohnte aufmerksamkeit, die ihm zuteil wurde; denn jedesmal, wenn seine lehnsherrschaft im garten weilte, besuchte sie ihn, sprach mit ihm in einem ihm unbekannten ton, und schob mit sanften händen die mulchschicht zur seite, um zu sehen, ob er noch lebte.

da beschloß er, das leben zu feiern, seinen dienst wieder aufzunehmen, und zeigte sich fortan jedes mal beim besuch seiner menschen ein stück größer und schöner und grüner und saftiger. und im mai beschloß er, daß es zeit sei, der welt mit dem schönsten stolz eines ritters aruncus dioicus - denn das war sein voller name - die ehre zu erweisen. und eine fülle von blütenknospen für seinen helmbusch hervorzubringen.

sieh nur! sagte die lehnsherrin zum lehnsherren, als sie ihn so erblickte: er reicht mir schon fast wieder bis zur brust! glücklicherweise können menschen nicht sehen, wenn pflanzen erröten, dachte sich da der kraftstrotzende ritter. und nahm sich vor, glücklich und zufrieden bis ans ende seiner tage zu leben.

Samstag, 2. Mai 2009

spiegeltrick


das ist die luke, mit der man früher nur von außen in den alten spitzboden unters dach gelangte. wir hatten sie das letzte mal schon hier platziert, weil unsere thujawand, die uns von der terrasse des nachbarn abschirmt, dort eine lücke hat. dieses mal habe ich einen einfachen spiegel hinter die öffnung montiert und genieße nun die seltsamen ausschnitte des gartens, die er zeigt. ein merkwürdiger effekt, wie ein fenster in eine andere welt...

Freitag, 1. Mai 2009

der tag des feierns der vollbrachten arbeit


wenn ich in der hängematte liege, nachdem ich heute morgen die gelben und gelb-roten tulpen aus dem garten meiner oma hildegard an ihrem geburtstag an ihr grab gebracht habe; wir danach eine neue kaffeerösterei und anschließend den jährlich stattfindenden flohmarkt besuchen; dann mit einem frühschoppen-bier auf den schönen tag anstoßen; ich zurückfahre in den garten, wo mich ein lange nicht gesehener freund besucht; wir auf der terrasse sitzen und kaffee trinken und ein wunderbares gespräch haben; ich ihm zum abschied einen kleinen strauß maiglöckchen mitgebe, weil niemand den garten mit leeren händen verlassen soll; und dann zum ersten mal zeit ist, in der hängematte zu liegen, beschneit von apfelblüten und mit frischem pfefferminzwasser im glas; der garten heute so ordentlich und wunderbar aussieht, wie das eben bisher möglich ist; und mich die ersten zarten rauchschwaden über dem tal daran erinnern, daß ich heute abend auch noch von den grillkünsten meines vaters profitieren werde -

dann weiß ich doch sehr genau, warum wir das alles gemacht haben. wer braucht schon aktienfonds, wenn er lebensqualität haben kann?