Mittwoch, 13. Mai 2009

der tapfere ritter aruncus


es war einmal ein tapferer ritter mit dem namen aruncus, der lebte im beet neben dem weg im garten der villa hildegard. von seinen freunden wurde er waldgeißbart genannt, was er zwar ihnen zuliebe akzeptierte, aber nie ganz passend fand, hatte er doch in seinem ganzen leben noch keinen wald gesehen.

es begab sich im jahr 2007, als ritter aruncus im kampf gegen einen kleinen, aber starken bagger und zwei menschliche wesen unterlag: die baggerschaufel griff nach seinem wurzelballen mitten im sommer, als sein helmbusch in schönster blüte stand, und riß ihn weg von seinem vertrauten platz. unsanft in einer wiesenecke des gartens abgestellt, mußte er seine ganze lebenskraft zusammennehmen, um zu überleben. seine stolzen blüten vertrockneten, er verlor viele seiner schönsten blätter. nach einigen tagen - oder waren es wochen? - wurde er an seinen alten platz im beet zurückgeworfen. auch dieses mal griff die baggerschaufel unbarmherzig zu. das war zu viel für ihn und er gab auf. seine lehnsherren bedauerten sein ableben sehr, rührten aber seinen körper nicht an, da sie mit anderen schlachten beschäftigt waren...

der sommer endete, der herbst kam, ein milder winter folgte, und im frühjahr 2008 erwachte der ritter aus seinem todesähnlichen schlaf und zeigte in alter treue mit einzelnen kleinen blättern, daß er am leben war. da seine lehnsherren immer noch zweifelten, steckte er sich mit aller kraft im sommer wieder einige kleine blüten an seinen helmbusch. er lebt, er lebt, rief da der ganze garten, und auch die menschen glaubten wieder an ihn. sie glaubten so sehr an seine kraft und treue, daß sie beschlossen, ihn im herbst 2008, zu einer zeit, als die nächte schon lang und die tage neblig waren, an einen neuen platz im garten zu stellen. heraus aus der prallen sonne des sommers, hinein in eine halbschattige ecke zu könig thuja und prinz cotoneaster.

es war eine freude, die doch auch mit schmerz verbunden war, denn er wurde geteilt, viergeteilt sogar, mit scharfem spatenstich. ein tiefer zweifel an der güte seiner lehnsherren überkam ihn. aber die teile seines körpers wurden mit nur geringem abstand am neuen platz gepflanzt, er bekam gute erde, eine behagliche mulchschicht gegen den kommenden winterfrost, und seine neuen nachbarn sprachen ihm gut zu. in dieser ungewohnten nähe der gehölze verstand er beim grübeln in langen, harten frostnächten endlich, warum seine freunde ihn immer waldgeißbart nannten.

im frühling ließ er sich viel zeit und befragte sein herz sehr gewissenhaft darüber, wann er sich zeigen sollte. ein bißchen genoß er wohl auch die ungewohnte aufmerksamkeit, die ihm zuteil wurde; denn jedesmal, wenn seine lehnsherrschaft im garten weilte, besuchte sie ihn, sprach mit ihm in einem ihm unbekannten ton, und schob mit sanften händen die mulchschicht zur seite, um zu sehen, ob er noch lebte.

da beschloß er, das leben zu feiern, seinen dienst wieder aufzunehmen, und zeigte sich fortan jedes mal beim besuch seiner menschen ein stück größer und schöner und grüner und saftiger. und im mai beschloß er, daß es zeit sei, der welt mit dem schönsten stolz eines ritters aruncus dioicus - denn das war sein voller name - die ehre zu erweisen. und eine fülle von blütenknospen für seinen helmbusch hervorzubringen.

sieh nur! sagte die lehnsherrin zum lehnsherren, als sie ihn so erblickte: er reicht mir schon fast wieder bis zur brust! glücklicherweise können menschen nicht sehen, wenn pflanzen erröten, dachte sich da der kraftstrotzende ritter. und nahm sich vor, glücklich und zufrieden bis ans ende seiner tage zu leben.

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